Fachkräftemangel – oder, „Des Kaisers neue Kleider“

Nicht warten – handeln

Wenn aktuell ?ber die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gesprochen wird, dann f?llt, wenn nicht sofort, dennoch unmittelbar, der Begriff „Fachkr?ftemangel“.

Haben wir in Deutschland einen realen Fachkr?ftemangel, oder wird es uns „nur“ aus politischen Gr?nden suggeriert?

Im Moment wird dar?ber diskutiert, dass Arbeitnehmer bis 67 Jahren und l?nger arbeiten sollen und es werden Pflegekr?fte aus Brasilien angeworben, und viele andere gleichartige Ma?nahmen schlie?en sich an. Was f?r ein Problem soll damit gel?st werden?

Kein, zumindest nur sehr wenige, Unternehmen in Deutschland stellt jemanden ein, der 59 Jahre und ?lter ist – alles andere ist reine Propaganda und, sobald es um K?rperkontakt geht, wie im Gesundheitswesen, ist eine Kommunikation in Deutscher Sprache zwingend erforderlich. So lieb und willkommen mir auch die Brasilianer*innen sind, bis die Fachterminologie sitzt vergehen Jahre. Hier reicht ein schneller Deutschkurs am Wochenende im Goethe-Institut von Sao-Paulo nicht aus.

Dazu eine kleine Anekdote, die genau so passiert ist. Im Jahr 2005 hatte ich einen Marketing- und Vertriebsauftrag von einem Unternehmen in Gera. Hier war es meine Aufgabe, ein internationales Netzwerk aufzubauen. In diesem Zusammenhang nahmen wir auch an einer Fachmesse in San Francisco (USA) teil. Wir hatten unser Hotel vis-?-vis dem Messegel?nde. Dazwischen trennte uns nur eine gro?e Kreuzung. Man h?tte bei Geb?ude auch zu Fu? erreichen k?nnen. Aber, „man“ fuhr nat?rlich mit dem Shuttle-Bus. Die Fahrten dorthin und wieder zur?ck verliefen alle wenig erw?hnenswert. Am letzten Tag stand am Morgen vor der Bust?r ein schwarzer ?lterer Mann. Er war ausgesprochen freundlich, trug – jeweils in Schwarz – eine Hose, Weste, Fliege und Chauffeur-M?tze und jeweils in Wei? ein Hemd und Handschuhe. Es war fast, wie in einem alten Hollywoodfilm. Als der Bus voll war, stieg er ein, nahm das Mikro und sagte: Good morning ladies and gentlemen, my name is Daniel, I am your driver and I wish you a very nice day.
Er startete den Motor, fuhr los und wechselte bis zum Messegel?nde dreimal die CD“s. Kurz vor der Messehalle, die Fahrt dauerte circa sieben Minuten, nahm er sich wieder das Mikro und sagte: Ladies and gentlemen, I hope you had a pleasant journey. We first reach the trade fair at entrance A. I wish you a successful day at the trade show. All the best and see you soon.

Wir stiegen aus und ich sagte zu meinem Partner: „Wenn uns jetzt die Messeleitung sagt, dass die Messe ?ber Nacht von SF nach New York verlegt wurde, dann fahren wir mit diesem Busfahrer – der Mann ist einfach sensationell!“

Ich bin bis heute der festen ?berzeugung, dass, wenn wir ihn gefragt h?tten, ob er f?r 1.000$ mehr bei uns im Call-Center arbeiten m?chte, er h?tte mit Sicherheit abgelehnt – denn, DAS war und ist sein Job.

Klar ist; so ein Mensch h?tte bei uns keine Chance.

Wie viele Gro?konzerne entlassen mal eben Tausende von Mitarbeitern, die dann auf der Stra?e stehen? Wie viele Menschen mit einer Behinderung oder einer Transsexualit?t, die alle hoch qualifiziert sind, sitzen in unseren Unternehmen und werden gemobbt, bis sie innerlich gek?ndigt haben oder eine K?ndigung vollziehen?

Wenn wir in Deutschland nur ansatzweise eine Kultur h?tten, dass auch wirklich ?ltere Menschen eine Chance h?tten, wenn wir aktiv ein Coming-out unserer Mitarbeiter f?rdern und unterst?tzen w?rden, dann m?ssten sich Menschen mit einem Handikap bzw. mit einer Transsexualit?t nicht verstecken, sondern sie k?nnten sich in unseren Unternehmen nach ihren individuellen Pers?nlichkeiten entwickeln, ihr Potenzial entfalten und w?rden sich ?berdurchschnittlich engagieren. Wir h?tten ein Feuerwerk an Leistungsbereitschaft und Innovationen in unserem Land. Das alles hat nichts mit Geld zu tun. Es bedarf lediglich Achtung und Respekt vor dem anderen.

Aber, so ist es eben nicht in Deutschland – Ausnahmen ber?cksichtigt.

Es ist, wie in dem M?rchen von Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“. Solange wir alle daran glauben, dass wir einen Fachkr?ftemangel haben – haben wir ihn auch. Wenn aber irgendjemand auf die Idee kommen und sagen w?rde, dass es nur eine Illusion ist, dann w?re das Thema zwar nicht von heute auf morgen erledigt, es w?rde aber wesentlich entspannter. Wir brauchen nur den Mut es auszusprechen und den Willen, es umsetzen. Die L?sung steht vor unseren T?ren und sitzt in unseren Unternehmen. Allerdings – wer macht den Anfang?

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