Aktienverluste

Neue Fallen bei ausgebuchten oder wertlosen Wertpapieren

Essen – Wer Aktienverluste realisieren muss, ist dar?ber nat?rlich nicht erfreut. „Der ?rger potenziert sich aber noch, wenn der Anleger versucht, das Dickicht an steuerlichen Vorschriften zur Verrechnung von Aktienverlusten zu verstehen. Gesetzgeber und Finanzverwaltung haben es fertiggebracht, ein enormes Chaos anzurichten“, erkl?rt Steuerberater Roland Franz, Gesch?ftsf?hrender Gesellschafter der Steuerberatungskanzlei Roland Franz & Partner in Essen und Velbert. Leider wird dieses Chaos aktuell noch vergr??ert, denn das Bundesfinanzministerium hat soeben ein neues Schreiben mit dem Titel „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer“ ver?ffentlicht.

Bedauerlicherweise enth?lt das BMF-Schreiben in Bezug auf die Verlustverrechnung – wieder einmal – eine echte Falle. Inhaber von Aktien sollten diese Falle unbedingt kennen (BMF-Schreiben vom 19.5.2022, IV C 1 -S 2252/19/10003 :009). Doch zun?chst zum Hintergrund:

Streitpunkt Nummer 1:

Verluste aus dem Verkauf von Aktien d?rfen nicht mit allen positiven Kapitalertr?gen, zum Beispiel mit Zins- und Dividendeneink?nften, und schon gar nicht mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, sondern nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien, und zwar im selben Jahr und dar?ber hinaus auch in den Folgejahren (? 20 Abs. 6 Satz 4 EStG). Dies gilt f?r Aktien, die seit dem 1.1.2009 gekauft wurden (? 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).

Zwar hat der Bundesfinanzhof Zweifel bekommen, ob es verfassungsgem?? ist, dass Verluste aus der Ver?u?erung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Ver?u?erung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Eink?nften aus Kapitalverm?gen verrechnet werden d?rfen. Zur Kl?rung hat der BFH die Frage daher dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (BFH-Beschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18). Doch bis zu einer Entscheidung aus Karlsruhe k?nnen noch einige Jahre vergehen.

Streitpunkt Nummer 2:

Steuerberater Roland Franz weist darauf hin, dass die Finanzverwaltung jahrelang Verluste aus wertlosen Aktien bei der reinen Ausbuchung aus dem Depot nicht anerkennen wollte und sich auch geweigert hat, Verluste aus Ver?u?erungen anzuerkennen, wenn die Ver?u?erungskosten den Erl?s ?berstiegen, wenn also letztlich fast wertlose Aktien verkauft wurden. Doch sie hat vom Bundesfinanzhof immer wieder Pr?gel bezogen und letztlich hat der Gesetzgeber, wenn auch halbherzig, gehandelt: Verluste durch Ausbuchung oder Ver?u?erung wertlos gewordener Aktien (und anderer Wertpapiere) d?rfen seit dem 1.1.2020 mit Eink?nften aus Kapitalverm?gen ausgeglichen werden.

„Die Beschr?nkung der Verlustverrechnung auf Aktiengewinne gilt hier nicht“, verr?t Steuerberater Roland Franz und f?hrt fort: „Allerdings gibt es eine betragsm??ige Grenze. Die Verluste k?nnen n?mlich nur mit Eink?nften aus Kapitalverm?gen bis zur H?he von 20.000 Euro ausgeglichen werden.“ Nicht verrechnete Verluste sind dann auf Folgejahre vorzutragen (? 20 Abs. 6 Satz 6 EStG). Die Neuregelung gilt f?r Verluste, die seit dem 1.1.2020 entstehen. Diese Regelung, das hei?t die Begrenzung der Verlustverrechnung auf lediglich 20.000 Euro, ist zwar umstritten. Allerdings gibt es hierzu, soweit ersichtlich, noch kein Verfahren vor einem Finanzgericht.

Wie k?nnen Anleger Aktienverluste geltend machen?

Nun kommt die gro?e Frage: Wie k?nnen Anleger die Aktienverluste eigentlich steuerlich geltend machen? Dazu muss leider wieder etwas ausgeholt werden:

– Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalertr?gen bereits w?hrend des Jahres vor. Dazu bilden sie f?r jeden Anleger einen so genannten virtuellen „Verlustverrechnungstopf“. Bis zur H?he der Verluste wird dann von positiven Kapitalertr?gen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder fr?her einbehaltene Steuer wiedererstattet.
– „Genau genommen bilden die Banken sogar zwei Verlustverrechnungst?pfe, und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell f?r Verluste und Gewinne aus Aktiengesch?ften“, erkl?rt Steuerberater Roland Franz. Falls nun am Jahresende der Saldo in einem oder in beiden Verlustverrechnungst?pfen negativ ist, gibt es zwei M?glichkeiten (? 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG):
– Die Bank kann den nicht ausgeglichenen Verlust in das n?chste Jahr ?bertragen, um k?nftig f?llige Zins- oder Dividendengutschriften oder Ver?u?erungsgewinne ohne Steuerabzug auszahlen zu k?nnen, sog. Verlust?bertrag.
– Stattdessen kann man selbst auch beantragen, dass die Bank einem eine Bescheinigung ?ber den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung kann man den Verlustbetrag dann in seiner Steuererkl?rung geltend machen und ggf. mit positiven Kapitalertr?gen anderer Bankinstitute verrechnen lassen.
– „Die Verlustbescheinigung m?ssen Sie jeweils zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei der Bank beantragen. Die darin bescheinigten, noch nicht ausgeglichenen Verluste ?bernehmen Sie in die Anlage KAP, und zwar getrennt nach Verlusten aus Aktiengesch?ften und Verlusten aus anderen Anlagen. Geben Sie auch die bescheinigten Gewinne an“, r?t Steuerberater Roland Franz. Die sonstigen Verluste k?nnen mit allen Arten von Kapitalertr?gen, Verluste aus Aktienverk?ufen hingegen nur mit Gewinnen aus Aktienverk?ufen verrechnet werden.

Die Steuerfallen

Nun zu den gro?en Fallen, die Anleger unbedingt kennen sollten, damit ihre Aktienverluste steuerlich nicht untergehen:

Falle Nummer 1:

Hier geht es zun?chst um den eingangs erw?hnten Streitpunkt Nummer 1. Das Bundesfinanzministerium hat zwar verf?gt, Steuerbescheide, in denen der Verlustausgleich bei Aktienver?u?erungen strittig ist, in dem betreffenden Punkt vorl?ufig ergehen zu lassen. Kapitalanleger m?ssen also keinen Einspruch gegen die entsprechenden Steuerbescheide einlegen (BMF-Schreiben vom 31.1.2022, V A 3-S 0338/19/10006 :001).

Doch Steuerberater Roland Franz mahnt zur Vorsicht: „Bevor Steuerbescheide wegen der Verlustverrechnung bei Aktien ?berhaupt vorl?ufig ergehen k?nnen, muss eine Verlustbescheinigung der Bank ?ber die Aktienverluste vorliegen. Diese k?nnen Sie aber, wie erw?hnt, nur jeweils bis zum 15. Dezember f?r das laufende Jahr beantragen.“ (? 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG). Anschlie?end ist die Anlage KAP zur Steuererkl?rung auszuf?llen. Die nicht ausgeglichenen Verluste aus der Ver?u?erung von Aktien sind dazu in Zeile 13 der Anlage KAP einzutragen.

Au?erdem beantragt man die „?berpr?fung des Steuereinbehalts f?r bestimmte Kapitalertr?ge“ (Zeile 5) und ggf. die „G?nstigerpr?fung f?r s?mtliche Kapitalertr?ge“ (Zeile 4). Dann pr?ft man anschlie?end in seinem Steuerbescheid, ob dieser tats?chlich vorl?ufig ergangen ist wegen der „Verlustverrechnungsbeschr?nkung f?r Aktienver?u?erungsverluste nach ? 20 Abs. 6 Satz 4 EStG (? 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a.F.)“.

„Bitte beachten Sie, dass der Steuerbescheid tats?chlich nur in diesem bestimmten Punkt vorl?ufig ergeht, soweit er die Besteuerung Ihrer Kapitaleink?nfte betrifft. Und es geht auch nur um die Frage der Verfassungsm??igkeit. Wenn Sie der Meinung sind, dass auch andere Fragen rund um die Kapitaleink?nfte strittig sind, so m?ssen Sie dennoch Einspruch einlegen“, erg?nzt Steuerberater Roland Franz.

Falle Nummer 2:

Handelt es sich um wertlos gewordene Aktien, also um einen Fall des Streitpunktes Nummer 2, so nimmt die Bank keine Verlustverrechnung vor. Sie stellt Verluste also nicht in den Verlusttopf ein! Das gilt auch dann, wenn man nur ?ber ein einziges Depot verf?gt, ?ber das man alle Aktientransaktionen abwickelt. Man muss die Verluste aus wertlos gewordenen Aktien also zwingend in die Steuererkl?rung ?bernehmen!

Das BMF verf?gt dazu: „Verluste, auf die die Verlustverrechnungsbeschr?nkungen des ? 20 Absatz 6 Satz 5 und 6 EStG Anwendung finden, d?rfen nicht in den Verlusttopf f?r sonstige Verluste oder den besonderen Verlusttopf f?r Aktienverluste eingestellt werden. Der Verlustausgleich findet ausschlie?lich im Rahmen der Veranlagung statt.“

Immerhin: F?r die Bescheinigung der entsprechenden Verluste ben?tigt man keinen Antrag bei seiner Bank und muss nicht die Frist „15. Dezember des laufenden Jahres“ einhalten.

Rechtsstreit mit der depotf?hrenden Bank

Einige Anleger verwenden viel Zeit und mitunter auch viel Geld f?r einen Rechtsstreit mit der depotf?hrenden Bank, weil sie davon ausgehen oder ausgegangen sind, dass das Institut einen Fehler bei der Verlustverrechnung oder beim Kapitalertragssteuerabzug begangen hat. Zuweilen ist das auch durchaus richtig (siehe z.B. OLG Hamm, Urteil vom 23.10.2018, Az. 34 U 10/18). „Doch in aller Regel ist die M?he vergebens“, erkl?rt Steuerberater Roland Franz und f?hrt fort: „Machen Sie Verluste aus wertlosen Aktien im Zweifel daher immer in Ihrer Einkommensteuererkl?rung geltend oder lassen Sie Steuerbescheide zumindest nicht bestandskr?ftig werden, bis die Sache mit der Bank gekl?rt ist.“

Das Gleiche gilt, wenn man der Meinung ist, dass der Kapitalertragssteuerabzug zu hoch war. ?blicherweise ist es sinnvoller, sich mit dem Finanzamt als mit der Bank zu streiten. Es ist zu beachten: Die Banken sind nach ? 44 Abs. 1 Satz 3 EStG verpflichtet, die Auffassung der Finanzverwaltung beim Kapitalertragssteuerabzug und bei der Bildung von „Verlustt?pfen“ anzuwenden, und zwar auf Gedeih und Verderb. Sie d?rfen nicht von den Anweisungen des Bundesfinanzministeriums abweichen, auch wenn diese noch so unsinnig sind und vom Bundesfinanzhof mehrfach bem?ngelt wurden.

Betrifft ausschlie?lich Aktienverluste

In der obigen Information ging es ausschlie?lich um Aktienverluste. Tats?chlich gelten bestimmte Einschr?nkungen auch bei Verlusten aus Termingesch?ften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen und Glattstellungsgesch?ften. „Entsprechende Verluste k?nnen nur mit Gewinnen aus Termingesch?ften und mit Eink?nften aus Stillhalterpr?mien ausgeglichen werden, soweit die Verluste nach dem 31. Dezember 2020 entstanden sind“, informiert Steuerberater Roland Franz und erkl?rt: „Die Verlustverrechnung ist beschr?nkt auf 20.000 Euro. Die Verluste d?rfen nicht in den Verlusttopf f?r sonstige Verluste oder den besonderen Verlusttopf f?r Aktienverluste eingestellt werden.“ Der Verlustausgleich findet ausschlie?lich im Rahmen der Veranlagung statt! Man gibt die Verluste also in seiner Steuererkl?rung an.

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